Aqualytis Blog
Hier geht es um Wassertiere
Streiken fürs Klima
Am Freitag, dem 03.03.2023 findet ein weiterer Klimastreik, organisiert von Fridays for Future, statt. Daran werden wir teilnehmen, weshalb das Labor an diesem Tag nicht besetzt sein wird. Wer sich für unsere Beweggründe interessiert, ist herzlich eingeladen sich z.B. auf klimafakten.de zu informieren. Hier findet man Basisinformationen über die Klimakrise, Hinweise zur Kommunikation über Klimafakten. In Bezug auf eine Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft werden Verzögerungsstrategien angewendet, um nötige Schritte zu behindern. Hier der Link zu einem kleinen Spiel, bei dem diese entlarvt werden. http://www.klimafakten.de/meldung/poster-spiel-nicht-ich-nicht-jetzt-nicht-so-zu-spaet-mit-welchen-saetzen-klimaschutz .
Bei unserer Arbeit werden wir manchmal direkt mit den Folgen der Klimakrise konfrontiert. Hierzu sei auf meinen Blog-Beitrag zu Sympetrum mediterraneum verwiesen.
Auch Trinkwasserversorger haben mit den Folgen der Klimakrise zu tun und müssen sich an veränderte Niederschlagssituationen und erhöhte Temperaturen des Kaltwassers anpassen1,2. Die Klimakrise hat also Auswirkungen auf die Trinkwasserverfügbarkeit und – Qualität. Leider reicht Anpassung nicht aus, da die Erderwärmung keine Pause macht. Um die Erwärmung auf ein erträgliches und international verbindliches Maß (Pariser Abkommen) zu beschränken, ist eine Reduktion der klimaschädlichen Emissionen nötig. Wie groß diese Reduktion sein muss, kann man sich auf https://www.showyourbudgets.org/de/?country=germany angucken. Um für den nötigen Klimaschutz zu demonstrieren, gehen wir morgen um 12 Uhr in Berlin zum Invalidenpark.
Quellen:
1) Interview mit Dr. Andreas Korth zum Forschungsprojekt „Untersuchungen zu den Ursachen erhöhter Wassertemperaturen im Trinkwassernetz und Identifizierung von Gegenmaßnahmen“ , Energie Wasser-Praxis, 11/2020, p. 36-37
2) Michael Bernemann (Wasserwerke Paderborn GmbH), „Bevor wir auf dem Trockenen sitzen – Anpassungsstrategien in der Trinkwasserversorgung, wenn der Regen ausbleibt“, Energie Wasser-Praxis, 03/2019, p. 9-13
Süßwasserpolypen im Trinkwasser – ein analytischer Krimi
In unserem Labor beschäftigen wir uns u.a. mit der Analyse wirbelloser Tiere in Trinkwassersystemen. Bei einigen dieser Trinkwasser-Untersuchungen konnten wir organisch anmutende Gebilde ausmachen (siehe Abb.1), die wir für Kolonien von Bryozoa (Moostierchen) hielten. Bestimmungsrelevante Details (wie z.B. sog. Statoblasten) waren nicht auszumachen, weshalb eine Artansprache unmöglich war. Um den Einschränkungen herkömmlicher Methoden der Artbestimmung zu entgehen, wandten wir uns an AIM mit der Bitte, die Art der Bryozoa mittels spezifischer Primer zu ermitteln. Leider hat das nicht funktioniert. Ein zweiter Versuch wurde auf Anraten der Mitarbeiter von AIM weniger spezifisch gestartet und ein Metabarcoding durchgeführt. Das überraschende Ergebnis: es handelt sich bei den gesammelten Tieren um Craspedacusta sowerbii! Natürlich konnten die spezifischen Bryozoa-Primer hier nicht funktionieren.
Craspedacusta sowerbii kommt ursprünglich aus dem Jangtsekiang und ist mittlerweile auf fast allen Kontinenten verbreitet (2). In Trinkwasserleitungen hätten wir sie allerdings nicht erwartet. Sowohl Polyp als auch Meduse ernähren sich räuberisch von kleinen Krebsen und ggf. Oligochaeten (4), wodurch die Zooplankton-Gemeinschaft stark beeinflusst werden kann, besonders wenn Medusen vorhanden sind (2,4). Inwieweit das im Trinkwasser der Fall ist, muss noch untersucht werden.
Ab 21° C kommt es zur Abschnürung der Medusen (4), die sich zwischen 28 und 29° C sexuell fortpflanzen können (3). Das macht sie zu termophilen, stenothermen Tieren. Bei niedrigeren Temperaturen vermehren sie sich asexuell über Frustulae oder Knospung des Polypen. Sind die Temperaturen noch niedriger können Podocyten als Überdauerungsstadien gebildet werden (3). Zu einer Medusen-Blüte kommt es unter günstigen Bedingungen (hohes Nahrungsangebot und Temperaturen), sie dauert aber in der Regel nur ein paar Wochen. Im Zuge der Klimaveränderungen ist zu erwarten, dass diese Blüten häufiger und eventuell auch länger vorkommen (4).
Potenziell problematisch ist das Vorkommen dieser Neozoen in Trinkwasserleitungen eher in technischer Hinsicht; die Medusen, sollten sie denn massenhaft vorkommen, könnten Filteranlagen verstopfen. Da auch Trinkwasserleitungen vom Temperaturanstieg betroffen sind (5), wäre das gar nicht so unwahrscheinlich.
Molekularbiologische Methoden der Determination, wie sie von AIM durchgeführt werden, haben sich in diesem Fall als perfekte Alternative zur morphologischen Artbestimmung erwiesen. Besonders gilt das für Tiere, die durch die Fixierung bestimmungsrelevante Merkmale verlieren.
Quellen:
- P. Mundy, A Key to the British and European Freshwater Bryozoans, Freshwater biological association scientific publication No. 41, 1980
- Alllison S. Smith, James E. Alexander jr.; Potential effects of the freshwater jellyfish Craspedacusta sowerbii on zooplankton community abundance, Journal Of Plankton Research, Volume 30, Number 12,Pages 1323–1327,2008
- Marchessaux, J. Gadreaud, B. Belloni, The Freshwater Jellyfish Craspedacusta sowerbii Lankester, 1880: An Overview Of Ist Distribution In France, Vie et milieu – Life and environment, 69 (4): 201-213, 2019
- Lüskow, P.J. López-González, E. A. Pakhomov, Freshwater jellyfish in northern temperate lakes: Craspedacusta sowerbii in British Columbia, Canada, Aquatic Biology, Vol. 30: 69–84, 2021
- G. Gunkel, U. Michels, M. Scheideler, Folgen des Klimawandels in Wassernetzen – Zuckmückenlarven und Wasserasseln profitieren, GWF-Wasser, Vol. 12, p. 48-51, 2021
Mein Schülerpraktikum
Ich habe im Juni 2022 mein 2-wöchiges Schülerpraktikum hier gemacht und sehr viel Interessantes gelernt. Mir war von Anfang an klar, dass ich für das Praktikum gerne Mal bei einem Labor reinschnuppern würde und dies war eine gute Gelegenheit dafür! In den 10 Tagen habe ich fixierte Reinwasserproben und Lebendproben von Teichen mikroskopiert und Makrozoobenthos unter dem Mikroskop betrachtet und dann nach Art sortiert. Es ist ziemlich faszinierend zu wissen, was alles in unseren Gewässern vorkommt und herumschwimmt! Außerdem habe ich auch mehrmals die Art von Schnecken und Köcherfliegen bestimmt, was gar nicht so einfach ist wie es vielleicht klingt, da man erstmal die vielen Fachbegriffe verstehen muss und dann die Tiere unter dem Mikroskop so hinlegen muss, dass man alles Wichtige gut erkennen kann. An zwei Tagen durfte ich sogar bei Probenentnahmen aus Hydranten dabei sein und auch mitwirken. Die Zeit ist echt vorbeigeflogen und ich danke dem lieben Team für die schöne und ereignisreichen Wochen!
Wasserschnecken in Trinkwasserleitungen
Trinkwasser lebt!
Wirbellose Tiere in Trinkwasserleitungen sind mittlerweile alltäglich für Wasserversorger aber vielerorts noch ein wohlgehütetes Geheimnis. Im Prinzip ist dieses Vorkommen eine ganz natürliche Angelegenheit, wenn die mikroskopisch kleinen bis wenige Zentimeter großen Tiere nicht überhand nehmen.
Seit einigen Jahren entdecken wir im Rahmen unserer Untersuchungen immer mehr Arten, die in Trinkwassernetzen leben. Im vergangenen Jahr waren es besonders zahlreiche Vorkommen und verschiedene Arten von Wasserschnecken.
Video: Die Spitze Blasenschnecke im Trinkwasser
Das nur wenige Millimeter große Zwergposthörnchen (Gyraulus crista) lebt in Trinkwasserleitungen vom Biofilm an den Rohrwandungen, der abgeweidet wird. Die Spitze Blasenschnecke (Physella sp.) frisst dagegen organische Ablagerungen; die Tiere können schon bis zu einem Zentimeter groß werden. Völlig anspruchslos hinsichtlich ihrer Ernährung ist die bis zu 6mm große Neuseeländer Zwergdeckelschnecke (Potamopyrgus antipodarum): neben kleinen Biofilm- und Sedimentpartikeln kann sie auch größere Partikel zerkleinern. Eine Besonderheit stellt der Nachweis von Quellschnecken (Bythinella sp.) dar; die in Deutschland vorkommenden Arten sind ausnahmslos naturschutzrechtlich zu schützen.

Quellschnecken

Zwergposthörnchen
Wasserschnecken gehören zu den Tieren, die nicht oder nur in geringer Zahl in Trinkwasserleitungen vorkommen sollten. Sie machen zwar per se nicht krank, ein massenhaftes Vorkommen weist jedoch auf entsprechende Nahrungsquellen wie Biofilm, Bakterien und organische Partikel in den Trinkwassernetzen hin.
Quellschnecke Bythinella in Trinkwasserproben nachgewiesen
Die Quellschnecke Bythinella wurde von uns in Trinkwasserproben eines süddeutschen Wasserversorgers gefunden. Es handelte sich um Routineproben, welche beim Spülen von Trinkwasserleitungen anfallen. Die nur zwei Millimeter großen Schnecken wurden an mehreren Probestellen in teilweise größerer Anzahl nachgewiesen. Bythinella besiedelt in ihrem natürlichen Lebensraum saubere Quellen und Oberläufe von Quellbächen in Berg- und Hügelländern. Die […]
Südliche Heidelibelle in der Prignitz

Sympetrum meridionale – Thorax

Sympetrum meridionale – Kopf

Sympetrum meridionale – Geschlechtsöffnung

Sympetrum meridionale – Abdomen
Die im Mittelmeerraum verbreitete Südliche Heidelibelle (Sympetrum meridionale) breitet sich in Folge des Klimawandels gen Norden aus und ist seit 2006 in Brandenburg zu finden. Im Rahmen von Untersuchungen zur ökologischen Gewässergüte in der Prignitz konnten wir am 12.07.2021 ein junges, nicht ausgefärbtes Männchen mit missgebildetem Flügel fangen. Ausgewachsene Männchen sind rot, das gefundene Exemplar eher gelb-orange. Dadurch ähnelt es von der Färbung her anderen Sympetrum-Arten, weshalb eine Artansprache im Feld mit bloßem Auge erschwert wird. Da wir zumindest erkennen konnten, dass die Beine nicht komplett schwarz sind, wie bei S. sanguineum, haben wir entschieden das Tier zur Bestimmung ins Labor zu bringen. Bestimmungsrelevant sind u.a. die Form des Kopulationsapparates (langer, dünner Haken am Hamulus), die Färbung des Thorax und die Breite der Querlinie vor den Augen.
Die sommerwarme Kleingewässer wie Weiher und Flachseen bevorzugende Art kommt somit aktuell auch im Norden Brandenburgs in der Elbaue (Flutrinne bei Rühstädt) vor. Die Flutrinne (hier eine Aufnahme von Anfang Mai 2021) ist Wasserstandsschwankungen unterworfen. Bei einer Begehung Mitte Juli lag der Wasserstand im abgebildeten Abschnitt ca. 50 cm niedriger. Wie man sieht, ist das Gewässer nicht stark baumbestanden, was einer der Standortansprüche der südlichen Heidelibelle ist. Teilweise wird die Umgebung landwirtschaftlich bearbeitet, was aber kein Problem ist, solange es ausreichend Sitzwarten gibt, von denen die Heidelibelle zur Jagd startet.
Ökosystemare Umweltbeobachtung (ÖUB) im Biosphärenreservat Spreewald
Vorhaben: Untersuchung von Makroinvertebraten und Wasserpflanzen (Makrophyten) in 13 Fließgewässern nach dem Methodenkatalog der ÖUB.
Zeitraum: 2019
Partner: LimnoLabor, Dr. Ariane Nowak
Wie wir vorgehen
Bevor die eigentlichen Untersuchungen im Gelände losgehen können, muss einiges organisiert werden. Probenahmetermine müssen abgestimmt werden, eine Übersichtskarte erstellt, Karten mit Anfahrtsbeschreibungen werden gedruckt, die Gerätschaften und Materialien werden auf ihre Funktionalität geprüft.
Mit viel Equipment geht es Mitte April durch den schönen Spreewald. Mitunter sind längere Fußmärsche von Nöten. Selten gibt es befestigte Wege, die zur Probestelle führen. In Wathosen laufen wir mit Eimern, Wannen, Schalen, Bürsten und Schreibutensilien sowie einem stabilen Kescher mit Teleskopstab quer durch den Wald oder über Grünflächen. Am Ende des Tages kommen da schon ein paar Kilometer zusammen, die wir auf diese Weise in Wathosen an Land zurücklegen. In diesen Aufzug geben wir sicher ein komisches Bild ab und wecken gelegentlich auch das Interesse von Anwohnern, Passanten und natürlich auch Forstmitarbeitern, Jagdpächtern und Landwirten. Manchmal entwickelt sich ein kurzes Gespräch, indem wir nicht selten wissenswertes zur Umgebung und dem Gewässer selbst erfahren.
Mit einem GPS-Gerät werden die Koordinaten verglichen. Auf mindestens 10 m genau muss die Lage der Untersuchungsstrecke sein. Denn im Rahmen der ökosystemar angelegten Umweltbeobachtung werden in den Biosphärenreservaten die gleichen Messstellen in der Regal alle drei Jahre untersucht, um Veränderungen und Entwicklungstendenzen erkennen zu können.
An den Messstelle angekommen, breiten wir unsere Gerätschaften aus und verschaffen uns einen Überblick. Aus Sicherheitsgründen und weil es zu zweit natürlich auch schneller geht, fahren wir nicht allein zur Probeentnahme. Vor dem ersten Schritt ins Gewässer wird mit einem Teleskopstab die Wassertiefe und Trittfestigkeit des Sediments überprüft. Während der eine vorsichtig durch das Gewässer watend die Proben entnimmt, füllt der andere an Land das Protokoll aus und schwingt einen Kescher entlang der Ufervegetation. Im Gegensatz zu den erwachsenen Insekten (den sogenannten Imagines) können die Larven nicht immer sicher bis zur Art bestimmt werden. Die Imagines dienen daher insbesondere der Absicherung der Artenliste. Der Probenehmer entnimmt mit einem Stabilen Kescher, dessen quadratische Öffnung mit Stahlkanten versehen ist, Material von potenziellen Kleinstlebensräumen. Das kann der von Sand oder auch von Laub bedeckte Gewässerboden sein oder auch ein großer Totholzast (im Idealfall mit sich leicht ablösender Borke). Ins Wasser hängende Gräser oder Feinwurzeln von Erlen sind ebenfalls beliebte Wohnorte von aquatischen Insektenlarven.
Die Tiere nach denen wir suchen sind eher klein und manchmal gerade so noch mit bloßen Auge zu erkennen. Wir benötigen mehrere Hundert dieser Tierchen. Das Herauslesen der Wirbellosen aus dem Substrat ist mühselig und wird von uns erst im Labor bei guter Beleuchtung und bequemer Sitzmöglichkeit durchgeführt. Im Gelände sichten wir lediglich nach größeren Tieren. So werden Fische und Krebse wieder ins Gewässer zurücksetzt. Großmuscheln sowie größere Schnecken lassen sich gut ohne Vergrößerung erkennen und können in ihrem Wohngewässer verbleiben. Das gesammelte Probenmaterial wird zur Konservierung in einem 5-Liter Eimer mit hochprozentigen Ethanol aufgefüllt. An einem Tag werden auf diese Weise fünf bis sechs Proben entnommen. Die meiste Arbeit passiert erst im Labor. Gründlich werden die Makroinvertebraten aus dem Substrat ausgelesen und in einem weiteren Schritt von unterschiedlichen Bearbeitern bestimmt, da es für einige Tiergruppen Spezialisten gibt. Am Ende entsteht eine Artenliste, welche eine Bewertung des Gewässers ermöglicht.
Die Ergebnisse
Mit Hilfe eines eigens für die Gewässerbewertung entwickelten Programms wird unter Auswahl eines Fließgewässertyps der ökologische Zustand (bzw. für die Gräben das ökologische Potenzial) berechnet. Leider erreichen nur zwei von 13 Messstellen den guten ökologischen Zustand bzw. das gute ökologische Potenzial. Drei Messstellen werden mit unbefriedigend bewertet. Das bedeutet die vorhandenen Lebensgemeinschaften weichen deutlich von der zu erwartenden Besiedlung ab. Alle weiteren Messstellen erhalten den mäßigen ökologischen Zustand. Gründe hierfür liegen vor allem im verlangsamten Fließverhalten in Folge umfangreicher Stauregulierungsmaßnahmen. Das Gefährdungspotential von Fließgewässerarten ist groß. Denn echte Fließgewässertiere benötigen Strömung, um ausreichend mit Sauerstoff versorgt zu sein und bei einigen Arten auch um ausreichend Nahrung zu erhalten. Fehlt die Strömung im Gewässer siedeln sich vermehrt Arten, welche bevorzugt im Stillgewässern wohnen und Ubiquisten (sogenannte „Allerweltsarten „) an. Auch der graben- und kanalartige Ausbau der Gewässer hat die Gefährdung der an Fließgewässer gebundenen Insekten mit herbeigeführt. Heute wird wieder vermehrt versucht in die andere Richtung zu steuern aber die Liste renaturierungsbedürftiger Fließgewässer ist lang.